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Wahlwerbung und der verfassungsrechtliche Auftrag geistigen Dünnschiss auf Plakate zu drucken

Vielleicht sind euch kürzlich auch die ein oder anderen Wahlplakate auf die Nerven gegangen. Nachdem ich jeden Tag 40km auf dem Rad durch München fahre, komme ich an ca. 400 Wahlplakaten vorbei. Die Mehrheit davon mit überaus wertvollen Beiträgen von Parteilen wie ‘Die Republikaner’.

Natürlich könnte ich mit dem Seitenschneider die Plakate abknipsen und runterholen. Mühsam und auch nicht sauber. Also wagte ich den Versuch einer Petition an den Deutschen Bundestag mit der Bitte der Belästigung von Bürgern ein Ende zu bereiten, auch unter dem Hinweis, dass das Internet vielleicht das bessere Medium wäre um differenziert zu informieren.
Große Chancen gab ich dem Unternehmen nicht. Aber ich durfte eine Überraschnung erleben, denn ich hätte nicht gedacht, dass mein Anliegen derart sorgfältig geprüft würde.
Klar, er wurde abgelehnt, daran ändert die Gründlichkeit auch nichts, auch wird es in Zukunft nicht an Plakaten mangeln. Aber ich werde sie nun mit etwas mehr Lässigkeit betrachten können.

Dank der Argumentation des Antwortschreibens werde ich auch den größten Dreck einer Nazipartei als Beweis einer großartigen demokratischen Idee werten können. Nein, ich werde den Dreck sogar als Ausdruck des “verfassungsrechtlichen Auftrags” dieser ‘Spinner’ verstehen. So habe ich das bis dato tatsächlich nicht gesehen.
Auszüge aus der Antwort des Petitionsausschusses:

“… Wahlwerbung für eine „gezielte” Stimmabgabe ist in einer „Massendemokratie” für das Funktionieren einer Wahl unerlässlich. Sie richtet sich nicht gegen die Entschließungsfreiheit der Wähler, sondern macht diese vielmehr grundsätzlich erst möglich. Durch den Wahlkampf kann der Wähler die Programme undZielsetzungen der Wahlbewerber kennenlernen und zur Wahlentscheidung bewegt werden.Entsprechend sind die Parteien in der Führung und Ausgestaltung von Wahlkämpfen grundsätzlich frei. Für sie besteht nach Artikel 21 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) sogar ein verfassungsrechtlicher Auftrag, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Diese Mitwirkung erfolgt nach § 1 Abs. 2 Parteiengesetz insbesondere u. a. dadurch, dass die Parteien auf dieGestaltung der öffentlichen Meinung Einfluss nehmen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, sich durchAufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Europa, Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen und die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozess der staatlichen Willensbildung einführen.Wahlwerbung steht daher dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Freiheit der Wahl (Artikel 38 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht entgegen. Vielmehr erfordert die vom Grundgesetz verbriefte freiheitliche Demokratie die ungehinderte Wahlwerbung sowie einenWahlkampf, in dem neben anderen Freiheitsrechten vor allem die ungehinderte öffentliche Meinungsäußerung und der Wahlwettbewerb der politischen Parteien gesichert ist (BVerfGE 44,125,145 f.; Butzer, in: Epping/Hillgruber [Hrsg.], Beck’scher Online-Kommentar GG, Artikel 38 Rn. 48). Daher ist in Wahlkampfzeiten die übliche Wahlwerbung der politischen Parteien erlaubt(vgl. OVG Münster, OVGE 18,1 ff.; Trute, in: v. Münch/Kunig, GG, Artikel 38 Rn. 44). Sie unterliegt mithin grundsätzlich weder nach Beginn und Dauer noch nach Art und Menge einer gesetzlichen Beschränkung. Bei der Ausübung ihrer wahlvorbereitenden Funktionen haben Wahlbewerber wie Parteien nur die allgemeinen Gesetze, etwa die Strafgesetze, das Versammlungsrecht oder – wie bei Wahlplakaten der Fall – straßenrechtliche Erlaubnisvorbehalte zu beachten.Die Sichtwerbung für Wahlen gehört heutzutage zu den zentralen Mitteln im Wahlkampf und ist zu einem wichtigen Bestandteil der Wahlvorbereitung in der parlamentarischen Demokratie geworden. Daher hat die höchstrichterliche Rechtsprechung schon seit Langem betont, dass Wahlsichtwerbung als gewissermaßenselbstverständliches Wahlkampfmittel durch gänzliche oder auchnur weitgehende Verweigerung vorgesehener straßenrechtlicherErlaubnisse nicht beschnitten werden darf. Bundesrecht gibtdemnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. nur BVerwGE 47, 280, 283 f.). Mit diesen klaren Vorgaben derhöchstrichterlichen Rechtsprechung wäre ein Verbot von Wahlsichtwerbung nicht zu vereinbaren. …”