Mythen um die Elektromobilität

Elektroautos sind teuer

Ein Renault Zoe oder ein Nissan Leaf kostet ca. €22.000 plus €49 bzw. €79 Batterieleasing pro Monat (ca. €600 bzw. 950 pro Jahr). Natürlich könnte man sagen €600 sind zu viel, die Ersatz- und Verschleißteile eines Benzieners oder Diesel (Ölwechsel, Filter, Zahnriemen und die Tausende von Teilchen, die Anfällig sind) sind auch ein Faktor.

Damit sind es €10.000 mehr als ein Renault Clio. Doch es ist durchaus nicht so, dass Elektromobilität erst bei €80.000 los geht.

Wir haben nicht genug Strom

Überschlagen wir mal: nehmen wir an dass wir von 45 Millionen PKW reden, die um die 15.000 km pro Jahr zurücklegen. Nehmen wir an, ein solche eAuto braucht 17 kW / 100 km, dann sind das um die 100 x 10^12 Wh, also 100 Terra-Wh (100 und 12 Nullen). Deutschland produziert um die 550 TWh. Damit würden 100% Elektroautos (alle 45 Millionen PKWs) 18% mehr Stromerzeugung bedingen. Klingt viel, und ist auch viel. Aber leider passiert das ja nicht von heute auf morgen und ist damit nicht wirklich ein Problem, derzeit sprechen wir von ca. 0.5% Elektroautos.

Wir verbrennen umgerechnet 50 x 10^9 Liter Benzin. Ein Rohstoff der begrenzt ist, komisch dass hier keiner unruhig wird.

Für den Alltag ist die Reichweite zu gering

Wie schon erwähnt, im Schnitt fahren die Deutschen um die 15.000 km pro Jahr. Das sind im Schnitt 41 km pro Tag. Die durchschnittliche Wegstrecke ist sogar nur 11 km und damit leicht zurücklegbar.

Jenseits des Alltags, also Urlaubsfahrten, müssten die Deutschen vielleicht umdenken. Also entweder die Strecke mit Ladepausen planen (siehe unten, das muss nicht dramatisch sein, denn man kann in 30 Minuten 80% der Batterie laden) oder für die paar wenigen Male auf einen Mietwagen oder Bahn und Bus ausweichen. Viele Zweitwagen könnten sowieso problemlos durch Elektroautos ersetzt werden. Bzw. mir ist nicht klar, warum so viele Pendler die paar km in einer Limousine oder einem SUV zurücklegen.

Es gibt nicht genug Elektro-Tankstellen

Vorneweg: Mehr wäre toll. Ca. 5600 Elektrotankstellen gibt es derzeit. Es mag überraschen: Es sind nur 3 mal so viele konventionelle Tankstellen, gefühlt sind es bestimmt mehr.

2014 waren 12.000 Elektrofahrzeuge zugelassen, bzw. die Zulassungsquote (Elektro-PKW zu allen PKWs) lag bei 0.46% (2015). In Deutschland gibt es ca. 15.000 konventionelle Tankstellen.

Während also auf eine normale Tankstelle 3.100 konventionelle PKWs kommen (bei 45 Mio PKWs), sind es 2 bei den Elektro-Autos. Eigentlich eine viel bessere Versorgungsquote. Eine Tankstelle hat allerdings mehr Zapfsäulen und der Tankvorgang dauer kürzer, die Reichweite ist größer. Nehmen wir an, es sind im Schnitt 6 Zapfsäulen pro Tankstelle, dann wären es immer noch über 500 PKW pro Tankstelle verglichen mit 2 Elektro-PKW die sich eine Elektrotankstelle teilen. Und auch die haben oft mehrere Steckdosen. Die reine Anzahl ist also nicht das eigentliche Problem.

Ich wage eine Wette: Sollten es mehr Elektroautos werden und die Umsätze bei den Tankstellen zurückgehen, was meint ihr würden die Tankstellen auch anbieten? Strom vielleicht?

Der Tankvorgang dauert länger. Und ist wahrscheinlich ein wirkliches Problem, jedoch nicht technischer Natur. Denn Schnelllader können aus meiner Sicht das Thema Reichweite lösen.

Der Ladevorgang dauert zwischen wenigen Minuten und mehreren Stunden. Einfacher ist es, dies in Reichweite pro Ladezeit zu erklären: Eine ‘normale’ Elektro-Zapfsäule (11 kW) schafft um die 60 km Reichweite pro Stunde Ladezeit und ein Supercharger von Tesla 120 kW, also 180km pro viertel Stunde.

Supercharger lösen das Problem der Langstrecke bzw. Reichweite. Zu dem Punkt ‘das ist kein technisches Problem’: Tesla macht die Patente allen zugänglich. Hürden sind eher die Einigung auf einen Standard (in anderen Ländern ist z.B. der CHAdeMO-Standard verbreiteter). Dann könnten zumindest technisch alle Fahrzeuge die Batterie in einer halben Stunde auf 80% laden.

Eine halbe Stunde klingt viel, doch eine Pause bei einer längeren Strecke wie 400 km schadet nicht und fällt nicht sehr ins Gewicht.

Ein weiterer Aspekt den man bedenken sollte: viele der 45 Millionen PKW-Besitzer hätten die Möglichkeit zu Hause zu laden, Strom ist von der Infrastruktur sehr gut abgedeckt und in vielen Garagen eh schon vorhanden.

Die Batterien halten nicht lang genug (Lebensdauer)

Die Datenpunkte die ich fand bestätigen dies nicht. Einer Studie zum Tesla Roadster zeigte, dass selbst nach 160.000 km noch zwischen 80-85% der Kapazität zur Verfügung stand – und der ist schon 10 Jahre alt, die Technologie ist bestimmt weiter. Man sollte davon ausgehen, dass Li-Ionen-Akkus (und die werden verwendet) gut 700 bis 1000 Zyklen verkraften können. Das wären bei einem Tesla Model S (85 kWh) mehr als 350.000 km. Vielleicht erklärt das, warum Tesla 8 Jahre Garantie darauf gibt, denn viele bewegliche Teile hat er nicht: Die Verschleißteile sind im Wesentlichen Reifen, Bremsbelege und Scheibenwischer. Kein Automatik- oder Schaltgetriebe, keine Kolben, Zahnriemen, Lichtmaschine…

Die Rohstoffe für die Batterien reichen nicht

Das Frauenhofer Institut geht von folgendem aus: “Wenn wir von einem Szenario der Marktdurchdringung ausgehen, bei denen Elektrofahrzeuge bis 2050 weltweit 50 Prozent der Neuzulassungen im motorisierten Individualverkehr erreichen, werden unter Berücksichtigung der Verwendung von recycelten Material sowie der Lithium-Nachfrage für andere Anwendungen dann erst rund 20 Prozent der weltweit vorhandenen Lithium-Ressourcen verbraucht sein”.

Mit den Ressourcen ist das immer so eine Sache: In den 80ern habe ich gelernt, dass die Ölvorkommen bald aufgebraucht sein werden. Heute gehen wir von Reserven von 216.912 Millionen Tonnen aus (Stand 2007), bei einem Verbrauch von 4.000 Millionen Tonnen (2010) reicht es also noch um die 50 Jahre.

Doch während man die Batterien recyceln kann, ist das Benzin… verpufft. Vom CO2-Ausstoß rede ich noch gar nicht.

Elektroautos sind unsicher

Es gibt viele Argumente, die eher dafür sprechen, dass Elektroautos ein Konzept erlauben, dass mehr Sicherheit bietet. Wer will schon dem Motorblock ‘Hallo’ sagen. Tesla hat es geschafft mit dem 2. Auto ein Auto zu bauen, dass die höchsten Standards erfüllt.

Ein Elektroauto braucht ja auch Energie (nicht wirklich weniger)

Bei einem Verbrennungsmotor entseht vor allem: Wärme. Schauen wir mal wie viel Energie in einem Liter Benzin steckt: 8,9 kWh, sprich bei 8 l/100km braucht man 71 kWh. Ein Elektroauto brauch um die 17-20 kW/h. Das ist Faktor 4 besser. Der Wirkungsgrad eines Ottomotors liegt bei maximal 40%, eher jedoch 25%, bei Diesel um die 33%.

Doch einen Haken hat die Betrachtung: Der Strom muss auch generiert werden. Wird er im schlimmsten Fall aus z.B. Braunkohle erzeugt, liegt der Wirkungsgrad bei modernen Kraftwerken bei 45%. Sieht so aus, als wäre der Verbrauch bzw. Wirkungsgrad bei einem Elektroauto selbst dann noch besser. Hilfreich ist hier sicher, dass beim Bremsen Energie zurückgewonnen wird, und der Wirkungsgrad im Gegensatz zum Benziner nicht vom Drehzahlbereich abhängt. Besser ist es so oder so den Strom aus regenerativen Energien zu beziehen, also von Versorgern, die in den Ausbau von erneuerbaren Energien investieren. Das steht im Gegensatz zu Stromversorgern, die Ökostrom verkaufen, den es schon seit Jahrzenten gibt (Wasserkraft) und allen anderen Kunden dann Braunkohlestrom zuzurechnen – ein fauler Trick.

Das lohnt sich doch nicht (finanziell)

100 km kosten mit einem Elektroauto um die €4 (17 kW/h bei €0.25). 100 km mit einem Diesel, der 6 l braucht, kosten um die €6. Beim Strom habe ich aber Ökostrom angesetzt. Und wenn man einen Tesla fährt, kann man dank Superchargern kostenlos Strom tanken. Auch viele Gemeinden und Supermärkte und Arbeitgeber bieten dies an.

Ja, man muss schon wirklich viel fahren, damit es sich finanziell lohnt, bei 15.000 km pro Jahr kann man um die €1000 sparen. Doch das liegt daran, dass die Kosten von Benzin und Diesel nicht die Folgekosten beinhalten (Emissionen). Das tut der Strom im Allgemeinen auch nicht, deswegen ist es wichtig Ökostrom zu nehmen.

Subventionen helfen auch nicht

Die Bundesregierung plant eine Prämie von €4.000. Diese ist umstritten. Es wird schwierig sein, die positiven und negativen Effekte abzuwägen. Blicken wir auf Länder in denen es eine Prämie gibt, z.B. Norwegen: Hier wird weder 25% Mehrwertsteuer fällig, noch die Importsteuer und so liegt der Anteil von Elektroautos bei Neuzulassungen 18%. Neben den Vergünstigungen beim Kauf kommen Vorteile wie Parken, kostenlose Stromtankstellen usw. hinzu. Dieses Modell zeigt zwei Dinge: Es gibt eine Korrelation zwischen Anreizen und Anteil der Elektroautos in der Zulassungsstatistik. Und zum zweiten haben die Norweger offensichtlich Wege gefunden Elektroautos im Alltag zu nutzen.

Quellen: Meine Darstellung erhebt nicht den Anspruch bis ins kleinste Präzise zu sein, es geht darum Größenordnungen zu diskutieren. Anbei Links zu den Quellen, die ich verwendete.

renault.de

http://de.statista.com/prognosen/400364/instandhaltung-und-reparatur-von-kraftwagen-in-deutschland—umsatzprognose

http://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftverkehr/hochrechnung_hu_daten_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=1#page56

https://www.bdew.de/internet.nsf/id/DE_Energiedaten#cat/Daten%2FGrafiken%5CEnergie%20allgemein%5CEnergiedaten%5C3.%20Stromversorgung/3-5-netto-stromerzeugung-in-deutschland-nach-erzeugern-de

https://www.adac.de/infotestrat/adac-im-einsatz/motorwelt/Spritverbrauch.aspx

https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/TransportVerkehr/Querschnitt/BroschuereVerkehrBlick0080006139004.pdf?__blob=publicationFile

http://www.elektroauto-news.net/wiki/elektromobilitaet-in-zahlen

http://www.kba.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2016/Fahrzeugzulassungen/pm01_2016_n_12_15_pm_komplett.html

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2621/umfrage/anzahl-der-tankstellen-in-deutschland-zeitreihe/

http://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/bestand_node.html

Tesla Roadster: Bis zu 85 % Kapazität nach 160.000 km

https://de.wikipedia.org/wiki/Lithium-Ionen-Akkumulator

http://www.isi.fraunhofer.de/isi-de/service/presseinfos/2010/pri10-02.php

https://de.wikipedia.org/wiki/Erd%C3%B6l/Tabellen_und_Grafiken

https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftstoff

https://de.wikibooks.org/wiki/Motoren_aus_technischer_Sicht/_Vergleich_zwischen_dem_Otto-_und_dem_Dieselmotor

https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlekraftwerk#Wirkungsgrad

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Staatliche-Foerderung-sorgt-fuer-Elektroauto-Boom-in-Norwegen-2786819.html